Alpine Landschaften an der Westküste der Südinsel
Reportage von Alexandra Schmidt
Wandern auf dem Gletscher ohne alpine Erfahrung und teurem Material? Ein Traum von dir?
Dann auf nach Franz Josef, dem kleinen Städtchen auf Neuseelands Südinsel! Dort kann jeder nach Lust und Laune gegen ein wenig Bares den Gletscher hautnah erleben. Wasserfälle, blaues Gletschereis, Spalten, Höhlen, Keas, Erschöpfung, Spaß, tolle Fotos und wehe Füße – all das gibt es hier in drei verschiedenen Wandertouren zu erleben.
Eine davon, die Halbtagestour, habe ich Ende Oktober unternommen. Aber lest selbst, wie es mir dabei erging.
Eigentlich war diese Tour bei mir gar nicht geplant, da ich vorhatte, den so genannten Heli-Hike (Kombination aus Helikopterflug und Wanderung) zu machen, der allerdings aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse zwei Tage nicht möglich war, und noch länger wollte ich dann doch nicht in Franz Josef verbringen, dessen Hauptattraktion wirklich der Gletscher ist.
Obwohl es sich also nur um eine "Notlösung" gehandelt hat, zählt die Wanderung zu den interessantesten Touren, die ich während meines Neuseelandurlaubs gemacht habe, vor allem da sonst einfach die Möglichkeiten fehlen, so was zu erleben. Ich bin immer noch froh, sie gemacht zu haben, auch wenn sie unter anderen Witterungsbedingungen sicherlich noch beeindruckender gewesen wäre. Strömender Dauerregen, Wind und Kälte sind einfach nicht die idealen Voraussetzungen für ungetrübtes Wandervergnügen.
Die Tour beginnt im Glacier Centre des Veranstalters in Franz Josef Town, wo einem die benötigten Ausrüstungsgegenstände zugeteilt werden. Als ich die Schuhe entdeckt habe, ahnte ich bereits böses, was sich bei der Anprobe bestätigt hat: verdammt schwer, nass von der Wanderung davor und im Vergleich zu modernen Wanderschuhen alles andere als bequem. Drei Paar Socken haben dafür gesorgt, dass meine Füße die für die Schuhe passende Breite erreicht haben. Nachdem alle warm eingepackt waren, ging es mit dem Bus zum Parkplatz vor der Moräne. Die eigentliche Tour mit 10 Teilnehmern konnte also endlich beginnen.
Vom Parkplatz aus geht es über das dem Gletscher vorgelagerten Schotterfeld, durch Pfützen und kleine Rinnsale, vorbei an rauschenden Wasserfällen und kreischenden Keas, das Ziel immer vor Augen, auch wenn der Großteil des Gletschers sowie die Gipfel der Südalpen durch die tiefhängenden Wolken verdeckt waren.
Nach ungefähr einer halben Stunde ist die Gletscherzunge erreicht, an der uns die Steigeisen für die weitere Wanderung auf dem Gletscher ausgeteilt und an den Schuhen befestigt werden – nochmals ein paar Gramm mehr, bei denen der sprichwörtliche Bleifuß wirklich grüßen lässt. Gerade bei den ins Eis gehauenen Treppen, die zu Beginn des Aufstiegs bewältigt werden müssen, macht sich das zusätzliche ungewohnte Gewicht stark bemerkbar. Ich (und die anderen Teilnehmer ebenfalls) empfand es als sehr anstrengend, obwohl das Tempo sowieso schon eher langsam war.
Je weiter man nach oben kommt, desto sauberer und heller wird das Eis.
Dass man im unteren Teil das typische, blaue Gletschereis nicht zu sehen bekommt, ist zumindest auf dem Franz Josef Gletscher ein Gerücht, wie das Foto (unten) beweist, man muss nur wissen wo – und die Tourguides kennen sich ja zum Glück sehr gut aus und haben uns Infos im Überfluss erzählt.
Klar, je weiter man nach oben kommt, desto häufiger und farblich intensiver werden solche Formationen, allerdings erfordert so eine Ganztageswanderung doch einiges mehr an Ausdauer und Kraft, der Helikopterflug einiges an Geld.
Nach anfänglichem Zögern haben sich die meisten dann doch getraut, waagerecht durch die „Höhle" zu laufen, was zu einigen Lachern geführt hat, da es überhaupt nicht so geklappt hat, wie wir uns das vorgestellt haben. Ich habe mich bei der ganzen Aktion eher wie ein auf dem Rücken liegender Käfer gefühlt, der nicht weiß, wie er sich aus seiner misslichen Lage wieder befreien soll.
Wohin mit den Armen? Wohin mit den Füßen? Wohin mit dem Kopf?
Als ich die Fotos bewundern konnte, die von mir gemacht wurden, konnte ich auch nur noch lachen, sah doch eher unbeholfen als elegant aus.
Wenn euch der Guide dort hinführt, auf jeden Fall ausprobieren – ist ein geniales Erlebnis, das keiner verpassen sollte. Danach wurde noch ein wenig über das Plateau gewandert und dann langsam der Heimweg angetreten.
So schön und interessant es auf dem Gletscher war, so froh war ich gleichzeitig, dass das Ende nun in Sicht war. Meine Füße brannten, die Knie schmerzten, ich war erschöpft, mir war aufgrund der dauerhaften Nässe von oben und unten kalt, die Gedanken an den Whirlpool im Hostel wurden immer stärker. Und zwei Stunden auf dem Gletscher waren für meine Bedürfnisse auch ausreichend, schließlich muss der ganze Weg auch wieder zurück gelaufen werden.
Erneut vorbei an den Felsen, an denen die Wasserfälle durch den vielen Regen immer größer wurden, aus den Rinnsalen sind kleine Bäche geworden und auch die neugierigen Keas sind verschwunden...
Vorsicht!
Ohne entsprechende Ausrüstung und Vorkenntnisse auf dem Eis rumzuklettern, ist absolut nicht empfehlenswert.
Die Wanderung auf der Moräne ist aber problemlos mit guten Schuhen machbar. Ich habe in Greymouth im Hostel so einen „Geiz-ist-Geil"-Kandidaten mit Gipsbein getroffen, für den sechs Wochen seines Urlaubs einfach nur gelaufen sind.
Was in den eigenen Rucksack gehört?
Ausreichend Getränke, eventuell eine Kleinigkeit zum Essen, Sonnenbrille und Sonnencreme, Kamera und genügend Filmmaterial / Speicherkarte, in den Wintermonaten Mütze & Handschuhe.
Worauf geachtet werden sollte?
Das Wetter in den neuseeländischen Alpen kann innerhalb kürzester Zeit von einem Extrem ins andere wechseln, deshalb ist die Zwiebelschalentechnik bei der Auswahl der Kleidung sehr zu empfehlen. Gerade in den kälteren Monaten unbedingt warm anziehen.
Körperliche Anforderungen
Durchschnittliche bis gute Fitness erforderlich. Das zusätzliche Gewicht durch die Steigeisen und die schweren, gewöhnungsbedürftigen Schuhe sollte nicht unterschätzt werden, gerade bei den ins Eis geschlagenen Treppen.